Erfahrungsbericht Praktikum in Sokolov (Tschechien)
Fachdidaktisches Blockpraktikum 19.09.2022 bis 07.10.2022 an der ZŠ Sokolov
Wir, Michelle Maluk (24) und Paul Stephan (26), haben vom 19.09.2022 bis 07.10.2022
unser fachdidaktisches Blockpraktikum an der Grund- und Hauptschule „Centrálka“
in Sokolov (Falkenau) absolviert. Wir studieren beide im fünften Semester
Grundschullehramt an der Friedrich-Alexander-Universität in Nürnberg. Neben
unseren Hauptfächern Geographie (Michelle) und Politik & Gesellschaft (Paul),
studieren wir als Didaktikfächer Deutsch, Mathematik und Sport (Michelle) / Kunst
(Paul). Unser erstes dreiwöchiges Praktikum, das schulpädagogische Blockpraktikum,
haben wir beide im Wintersemester 2021/22 an unterschiedlichen Grundschulen in
Nürnberg abgelegt und nutzen nun die großartige Chance unser fachdidaktisches
Blockpraktikum in der Tschechischen Republik zu absolvieren.
Michelle ist, ebenso wie Paul, eher zufällig auf Möglichkeit des Auslandspraktikums
aufmerksam geworden. Sie wollte vor allem ihrer Komfortzone heraustreten und ihren
persönlichen Horizont erweitern. Durch ihre polnischen Wurzeln hatte Tschechien
dabei eine besonders große Anziehungskraft. Paul wiederum hat in seinem
Blockpraktikum im Frühjahr dieses Jahres nachhallende Positiverfahrungen in einer
jahrgangsgemischten 3/4-Klasse mit Deutsch als Zweitsprache sammeln dürfen und
war deshalb von dem Angebot auf Anhieb begeistert.
Da wir als „ältere“ Studierende beide auf eigenen Beinen stehen und – besonders in
der aktuellen Lage – keine großen monetären Sprünge machen können, waren wir für
die großzügige Förderung des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds sehr dankbar.
Frau Taťána Pohořalová, unsere erste Ansprechpartnerin, hat diese finanzielle
Unterstützung überhaupt erst möglich gemacht und uns im Vorfeld, sowie während
unserer Zeit in Sokolov stets, auch über das schulische Programm hinaus, herzlichst in
allen Bereichen unterstützt – Sei es die kostenlos organisierte Wohnung, ein
Leihfahrrad für Paul, Übersetzungshilfe in der Apotheke (und anderswo) und nicht
zuletzt ihre reichlichen, selbstangebauten Obst- und Gemüsegaben.
Sie war es auch, die Paul bei seiner Ankunft am verregneten Sonntag, in einer
unübersehbaren gelben Jacke, freundlichst empfangen hat und für Michelle, die
aufgrund universitärer Verpflichtungen erst spätabends ankam, eine
Mitfahrgelegenheit organisiert hat.
Am Montag, den 19.09.2022, wurden wir dann ebenso herzlich im
Lehrer*innenzimmer empfangen. Im Anschluss hat uns Hana durch die Schule geführt
und wir wurden offiziell von der Schulleiterin Petra Šišková empfangen, die uns mit
Geschenken der Schule und der Stadt ein Lächeln auf die Lippen gezaubert hat.
Die gemeinsame Elementarbeschulung der Kinder/Jugendlichen erfolgt, anders als in
Bayern, in den Klassenstufen 1 bis 9 und kann dann durch den Besuch verschiedener
sekundärer Bildungseirichtungen (z.B. Gymnasium oder Berufsoberschule) erweitert
werden. Die Schule selbst ist außerordentlich gut ausgestattet und technisch auf dem
neusten Stand. Außerdem erhalten die Schüler*innen eine erweiterte Sprachbildung,
d.h. sie lernen Englisch bereits ab der 1. Klasse, worauf Deutsch ab der 6. Klasse folgt.
Darüber hinaus können sie Spanisch und Russisch lernen.
Im Anschluss hatten wir unsere ersten Unterrichtsstunden und haben uns den
interessierten Fragen der Schüler*innen gestellt. Nach den großartigen ersten
Eindrücken haben wir eine Stadtführung von Janette bekommen und dann das erste
Mal gemeinsam in unserer top ausgestatteten Küche gekocht. Da wir uns beide
vegetarisch, Michelle sogar vegan, ernähren, konnten wir leider nicht in der
schulischen Mensa zu Mittag essen. Da wir aber beide kochbegeistert sind und die
tschechischen Supermärkte eine breite vegane Produktpalette anbieten, waren wir
jederzeit gut gesättigt und bei den gemeinsamen Ausflügen und Restaurantbesuchen
wurde stets Rücksicht auf uns genommen.
Am Dienstag fuhren wir gemeinsam mit Taťána ins nahegelegene Karlsbad und
flanierten, nach einer ausblicksreichen Busfahrt, durch die vielen wunderschönen
Kolonaden. Natürlich probierten wir auch vom Heilwasser der Karlsbader Quellen.
Auch wenn der Geschmack teils recht gewöhnungsbedürftig war, sind wir fest davon
überzeugt, dass wir nun mindestens 100 Jahre alt werden. Der Tag endete mit einem
gemeinsamen Abendessen in einem Restaurant mit leckeren veganen Gerichten.
Michelle begleitete alle Jahrgangstufen von der zweiten bis zur neunten Klasse im
Mathematikunterricht, den sie teils auf Deutsch und teils auf Englisch abhielt. Da
Polnisch, neben Deutsch, ihre Muttersprache ist, konnte sie auch teilweise dem
tschechischen Unterrichtsgeschehen folgen. Außerdem beteiligte sie sich im Deutschund English-Unterricht verschiedener Jahrgangsstufen. Paul begleitete primär den
Deutschunterricht der sechsten bis neunten Klassen und hospitierte außerdem in den
Englischstunden der zweiten und siebten Klassen.
Mit ihrem Vortrag zu deutschen Festen und typischem deutschen Essen begeisterte
sie die Schüler*innen verschiedenen Alters. Außerdem erzählten Michelle und Paul
den Kindern der neunten Klasse etwas über Deutschlands Topographie und die
verschiedenen Gewässer. Am Tag der Deutschen Einheit lauschten die Kinder
gespannt der gemeinsamen Präsentation zur deutschen Wiedervereinigung und ihrer
Vorgeschichte. Nachmittags backten, kochten und feierten wir dann mit einigen
Kindern. Die Schüler*innen wiederum arbeiteten in der zweiten Praktikumswoche
interessante Informationen zum tschechischen Feiertag zu Ehren des svatý Václav
(„heiliger Wenzel“), am 28. September, für uns auf.
Wir wurden über die gesamte Zeit des Praktikums aktiv in den Unterricht eingebunden
und durften, neben den vorgegeben Unterrichtsversuchen, viele Unterrichtsstunden
selbstständig abhalten und uns jederzeit beteiligen. Diese vielen Erfahrungen haben
uns nicht nur bezüglich unserer Profession, sondern vor allem auch persönlich absolut
bereichert. Durch den interkulturellen Austausch mit den Lehrerkräften und
Schüler*innen wurde unser Horizont erweitert, wir konnten einige Vorurteile abbauen,
viele Gemeinsamkeiten entdecken und Einiges über unsere verwobene Geschichte
lernen.
Neben dem Ausflug nach Karlsbad, waren wir mit einigen Schüler*innen außerdem
auf der geschichtsträchtigen Burg Wildstein (Hrad Vildštejn). Mit Karolina und ihrer
Familie waren im wunderschönen Cheb und Franzesbad (Františkovy Lázně) und
haben wieder fleißig Heilwasser getrunken – von dort kommt übrigens das
Glaubersalz ;). Natürlich haben wir uns beide bei der Statue vom kleinen František
viele Kinder gewünscht. Beim Ausflug zur Burg Loket mit Taťána haben wir uns bei
traumhaften Herbstwetter auf die Spuren Goethes begeben. Leider musste der
Ausflug nach Marienbad (Mariánské Lázně) aufgrund von schlechten
Wetterbedingungen ausfallen. Da wir, Michelle und Paul, uns aber ohnehin auf Anhieb
grandios verstanden haben, haben wir es uns während des verregneten
Wochenendes daheim gemütlich gemacht und allerlei Leckereien gekocht. Während
der drei Wochen durften wir uns ansonsten auch mehrmals kreativ austoben. Im
Schulklub haben wir mit der Hortleiterin, Jarka, und verschiedenen Gästen, Kerzen
aus Wachs aus der schuleigenen Imkerei, Bügelperlenbilder und Kunstwerke aus Sand
hergestellt.
Mit Herrn Michael Rund, dem städtischen Museumdirektor und Frau Lissy Moßner,
die von der Friedrich-Alexander-Universität zu Besuch war, haben wir am letzten
Donnerstag eine interessante Exklusivführung durch die Ausstellungen im Schloss
bekommen und den Tag, nach einer informativen Stadtführung, bei einem
gemeinsamen Abendessen ausklingen lassen.
Wir möchten uns herzlich bei allen Lehrer*innen der ZŠ Sokolov für die wundervolle
Zeit bedanken. Besonders bei Taťána Pohořalová, die, neben vielen anderen, einen
großen Platz in unseren Herzen hat.
Außerdem möchten wir uns bei der Schulleiterin, Petra Šišková, und dem DeutschTschechischen Zukunftsfonds bedanken, ohne dessen Förderung ein derartiger
Austausch nicht möglich gewesen wäre.